Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der interpersonellen Psychotherapie im Vergleich mit anderen etablierten Psychotherapieverfahren wie z.B. den psychodynamischen (hierzu gehört auch die Tiefenpsychologie) Verfahren und der Verhaltenstherapie, so fällt auf, dass die IPT als einzige in einem Forschungskontext gezielt zur Behandlung von Depressionen entwickelt wurde, das heißt sie entstand auf einem streng wissenschaftlichen Fundament mit einem konkreten Ziel.
Im Jahr 1968 stand man der Behandlung von Depressionen weltweit noch recht hilflos gegenüber beziehungsweise verfügte über wenige Therapieoptionen. Die medikamentöse Therapie beschränkte sich auf einige wenige Antidepressiva mit ähnlichem Wirkmechanismus (und vielen Nebenwirkungen), und die Psychotherapie war noch wenig manualisiert und ausgereift, dominierend zu diesen Zeiten war die Psychoanalyse, die allerdings ein Langzeitverfahren darstellt.
Der in den USA sehr renommierte Psychiater Gerald Klerman wollte damals in einer großen Studie untersuchen, ob Antidepressiva oder Psychotherapie nach Akutbehandlung einer depressiven Episode besser vor dem erneuten Auftreten von Depressionen schützen. Man verabreichte depressiven Menschen damals für einige Wochen ein Antidepressivum, d.h. es wurde für den Vergleich der medikamentösen Therapie ein Psychotherapieverfahren benötigt, welches für die Behandlung von Depressionen eingesetzt werden und ebenfalls nur wenige Wochen (also genauso lange wie das Medikament) angewendet werden kann.
Genau an dieser Voraussetzung drohte die Studie damals zunächst zu scheitern, denn es gab kein Psychotherapieverfahren, welches spezifisch für die Behandlung von Depressionen eingesetzt wurde und bei dem die durchschnittliche Behandlungsdauer nur einige Wochen betrug – somit war ein Vergleich zwischen Akutbehandlung mit Antidepressivum und Psychotherapie nicht möglich.
Damals gab es jedoch bereits eine Psychotherapieforschung, die bereits Erkenntnisse darüber hatte, was bzw. welche Interventionen in einer Psychotherapie bei z.B. depressiven Menschen wissenschaftlich nachweisbar wirksam sind. Klerman und sein Team werteten unter anderem die Ergebnisse der Psychotherapieforschung aus und entwickelten auf dieser streng wissenschaftlichen Grundlage ein psychologisches Therapieverfahren zur Behandlung von Depressionen, das sich mit einer standardisierten medikamentösen Behandlung im Rahmen der geplanten Studie vergleichen ließ. Dieses Behandlungsverfahren wurde schließlich standardisiert und die Vorgehensweisen in einem Manual niedergeschrieben, so dass dem wissenschaftliche Charakter weiterhin Rechnung getragen wurde. Dies war die Geburtsstunde der interpersonellen Psychotherapie – und seither wurden zahlreiche Wirkungsnachweise für diese Verfahren und auch für die weiterentwickelten Modifikationen erbracht.